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Manche Fotos bekommen für uns eine ganz persönliche Bedeutung. Eine Bedeutung die sich für andere Betrachter ohne weitere Hintergründe nicht erschließt. Unter Umständen führt dieser Mangel an Information zu einer vollkommen anderen Interpretation. Die folgende Aufnahme hat für mich einen sehr persönlichen Erinnerungswert, sie wurde vor fast zwanzig Jahren bei einer Winterwanderung durch das Nördlinger Ries aufgenommen und kennzeichnet den Beginn einer nun ebenso langen wie tiefen Freundschaft.

Stalingrad? – Winter in Deutschland – Ein Blick aus dem Schlafsack - Jahr 1993

 

Wandern und biwakieren im Winter hat seine besonderen Reize. Der Schnee dämpft die Laute und man fühlt sich wie in einer unbekannten Welt, die leise lockt.

Ein bedeckter Tag, nur wenig Licht, dies lässt die Landschaft surreal und abgeschieden wirken. Hin und wieder ein Dorf, in den Straßen keine Menschen. Ein Geländewagen kreuzt den Weg, das schwer auf der Motorhaube liegende Wildschwein, die Fichtenzweige, kurz darauf nur noch Erinnerung, traumgleich. Eine Burgruine im Wald. Bäume wie knöcherne Finger im Schnee. Am Abend lange Gespräche, philosophieren und den Träumen Raum geben. Die Zukunft malen. Aus einem Spalt beobachteten zwei kleine Augen, ein Siebenschläfer lauscht aus der Dunkelheit den Geschichten. Nachts ein Gewitter. Der nächtliche Schneefall, das heftige Donnern lässt den Unterstand erzittern, Blitzen begleiten das Konzert. Ein Sturm fegt durch den nächtlichen Wald und bedeckt die Reste des nächtlichen Gelages. Das Gewitter endet nicht in der Ferne, ein letztes lautes Donnern, die folgende Stille ist ebenso beherrschend …

Nur einer schläft in seinen Schlafsack gehüllt. Der andere friert im zu dünnen Schlafsack. Die Glut des Feuers wird sanft von weißer Asche bedeckt. Nachts über den Burggraben durch den Schnee tasten, frierend, Erleichterung suchen. Wieder in den kalten Schlafsack. Mehrmals raus, der Schnee knirscht unter den Schuhen, die Schnürsenkel nur in die Schuhe gestopft. Es wird immer kälter. Winternächte sind lang. Vor toter Glut im Schlafsack sitzend. Gedanken, frieren, den Morgen sehnen …

 

Anmerkung

Diese Aufnahme wurde mit einer analogen Minolta X700 auf Ilford-SW-Film auf der Burgruine Hochhaus aufgenommen und wurde im improvisierten heimischen Labor mit einem Meopta-Vergrößerer auf Ilfordpapier ausbelichtet. Diesen habe ich Jahre zuvor im VW-Bus über den Eisernen Vorhang von Prag nach Deutschland geschmuggelt, doch das ist eine andere Geschichte.

 

Das Nördlinger Ries, ein 14,6 Mio. Jahre alter Meteoritenkrater mit einem Durchmesser von ca. 23 Kilometern, hat seine besonderen Reize. Weitere Infos zur Burgruine Hochhaus und zum Nördlinger Ries:

wikipedia.org/wiki/Burg_Hochhaus

wikipedia.org/wiki/Nördlinger_Ries

 

 

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